Von Computer-Animation zu Spurensicherung

Kunst-Facharbeiten 2001

Wie in den vergangenen Jahren wählten auch in diesem Jahrgang fast alle Kollegiatinnen und Kollegiaten des Kunstkurses wieder die Themen ihrer Facharbeiten in ihrem Leistungsfach Kunst. Nur ganz wenige setzten andere Schwerpunkte oder ließen sich von dem großen Arbeitsaufwand, der mit Kunstfacharbeiten verbunden ist, abschrecken. Diese bestehen nämlich nicht nur aus einem schriftlich-theoretischen, sondern auch aus einem bildnerischen Teil, der sich nicht in kurzer Zeit erledigen läßt. An Kunstfacharbeiten wird besonders die Möglichkeit geschätzt, sich kreativ neue künstlerische und kunstgeschichtliche Bereiche zu erschließen. Diese mit Engagement gewonnenen Erfahrungen werden als persönliche Bereicherung empfunden.

 

In den Kunstfacharbeiten ergaben sich vielfältige Querverbindungen zu anderen Fachbereichen, wie zum Beispiel zur Informatik im Bereich der dreidimensionalen Computer-Animation, zur Botanik in einer Arbeit über Blumenstudien, zur Stadtgeschichte in einer Arbeit über den Viktualienmarkt, zur Filmästhetik in einem Video-Experimentalfilm. Zudem wurden technische Erfahrungen beim Einscannen von Abbildungen und Texten und bei der Gestaltung von Layouts gewonnen und handwerkliche Fertigkeiten beim Schreinern von Tischgestellen, Legen von  Mosaiken, Schneidern von Modellen und bei Bildhauerarbeiten in Styropor und Stein erworben.

Die Facharbeiten wurden am "Tag der offenen Tür" in unserer Ausstellung im Werkraum von den Kollegiatinnen und Kollegiaten vorgestellt und von Mitschülern und Eltern bewundert.

Cornelia Eibl: Mosaik - Malerei für die Ewigkeit

In den letzten Sommerferien besuchte Cornelia Eibl Sizilien und war fasziniert vom Dom in Monreale, in dem sie die ferne Welt des Mittelalters kennenlernte. Im Innenraum dieser Kirche offenbarte sich ihr die prachtvolle Kunst der Mosaiken. Durch sie wurde Cornelia angeregt, sich mit der Kunst des Mosaiklegens näher auseinanderzusetzen.

Im schriftlichen Teil  ihrer Arbeit gibt Cornelia Eibl einen Überblick über die Geschichte der Mosaikkunst von den ersten Anfängen in Mesopotamien über die Mosaikkunst in der Antike (darunter die Bikini-Mädchen in Piazza Armerina auf Sizilien) bis zu ihrer erneuten Blütezeit im byzantinischen Reich in Konstantinopel und Ravenna. Der Bogen ihrer kunstgeschichtlichen Betrachtungen endet im 20. Jahrhundert mit Werken von Gaudí, Braque und de Saint Phalle. Darüber hinaus beschreibt sie Verfahren ihrer eigenen Mosaikgestaltungen und dokumentiert ihre Arbeitsschritte mit Fotografien.

Eigene künstlerische Erfahrungen gewann sie bei der Gestaltung des Schriftzuges "Mosaik" und eines sechsteiligen Mosaik-Tisches. Hierzu sammelte sie Fliesen, Steine aus der Natur, Spiegelscherben, Schmelzglas und Muscheln und ließ sich von der Vielfalt der Materialien, Formen und Farben anregen. Der sechsteilige Tisch aus Kachelbruchstücken, dessen Holzgestelle sie selbst fertigte, besteht aus einem Pentagon und fünf Dreiecken, die sich spielerisch in unterschiedlichen Anordnungen zu in sich verschiedenen Formgebilden zusammenstellen lassen. Das Pentagramm, ein Zeichen aus der Alchemie, steht für die fünf Elemente, Feuer, Erde, Wasser, Luft und Geist, die, ausgewogen aufeinander abgestimmt, zusammen agieren müssen, damit Harmonie und positive Energie herrschen.

Die Auseinandersetzung mit der Mosaikkunst hat Cornelia Eibl "sehr viel Spaß gemacht". Während ihrer gestalterischen Arbeit hat sie jedoch erst wirklich erfahren, welche großen Leistungen in den Werken der Mosaik-Kunst stecken. 

Michal Heluz: Computer-Animation: "Spitzentanz der Bauklötze"

 

Michal Heluz beschäftigt sich seit Jahren mit Computer-Grafik, die zunehmend in den Bereichen Werbung, Film und Multimedia Anwendung findet. Er wählte für seine Kunst-Facharbeit den Bereich der dreidimensionalen Computer-Animation und das vom Kursleiter vorgeschlagene Thema "Spitzentanz der Bauklötze".

Im schriftlichen Teil beschreibt der Verfasser anhand der Literatur die Entstehungsgeschichte visueller Effekte und geht auf Techniken zur Herstellung computergenerierter dreidimensionaler Bilder ein.

                                                              

Meilensteine in der Geschichte der Kinematographie sind die Erfindung der Camera Obscura 1083 durch den arabischen Gelehrten Ibn Al-Ahiten, die Entwicklung der Laterna Magica und der Phantasmagorien zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der Verfasser setzt sich sodann mit In-Kamera-Effekten, Nachbearbeitungs-Effekten und Charakteranimation auseinander. In einem zweiten Teil, der "Dreidimensionalen Computergrafik", widmet er sich der Darstellung der Grundlagen, unter anderem der Vektor- und Pixelgraphik, dem virtuellen Raum und Objekthierarchien. Es folgen Kapitel über "Digitales Modellieren", "Oberflächen"-gestaltung, "Lichtquellen und Kameras" und "Animation".

Im praktischen Teil, dem "Spitzentanz der Bauklötze", erprobt Michal Heluz Anwendungsmöglichkeiten der beschriebenen Techniken. Dabei zeigen zwölf Bauklötze in einem Zirkuszelt ihre tänzerisch-akrobatischen Darbietungen. Eine sehr amüsant gestaltete Choreographie!

Abschließend bemerkt der Verfasser: "Meine erste Annahme, daß es sich bei der Animation einfacher 'Bauklötze' um eine simple Aufgabe handelt, wurde spätestens nach den ersten Bewegungstests widerlegt". Dieses zunächst kindlich-einfach anmutende Thema stellte eine Herausforderung dar, denn um Bewegungen von Körpern im Raum glaubhaft darzustellen, ist ein hohes Maß an Kreativität und Verständnis physikalischer Gesetzmäßigkeiten der Bewegungslehre erforderlich. -

Eine Facharbeit in der sich Kunst und Informatik in geglückter Weise verbinden!  

Tanja Kammann: Der Münchner Viktualienmarkt - historische und bildnerische Studien

Für Tanja Kammann wurde der Münchner Viktualienmarkt zu einem Lieblingsort von ganz besonderem Reiz, in dem das Leben pulsiert und sich Tradition und Gegenwart aufs engste verbinden. Da sie ihre Kunstfacharbeit unter freiem Himmel anfertigen wollte, wählte sie "Spaziergänge über den Viktualienmarkt" zu ihrem Thema. Sie fertigte bildnerische Studien an und ging anhand der Literatur und anhand historischer Gemälde und fotografischer Aufnahmen der Geschichte dieses Ortes nach. Ihre Skizzen und farbigen Studien faßte sie in einem Bilderbuch zusammen.

In einer "Kleinen Geschichte des Münchner Viktualienmarktes" beschreibt Tanja die Entstehung und Geschichte des Marktes im Rahmen der Stadtgeschichte. Keimzelle des heutigen Marktes sind die Fleischbänke aus dem 14. Jahrhundert am Fuß des Petersbergls, wo sich heute noch die "Zwölfapostel-Metzger" befinden. 1807 erfolgte die Verlegung des "Marktes für landwirtschaftliche Güter" vom Marienplatz auf den Schrannenplatz durch König Max I. und ab 1852/53 wurde an der Blumenstraße die Schrannenhalle erbaut, die in unseren Tagen mit erhaltenen Bauelementen wiedererrichtet werden soll. Nach den Luftangriffen des 2. Weltkrieges und dem Wiederaufbau wurden Münchner Humoristen und Volkssänger mit Brunnen und Statuen durch die Münchner Bürgerschaft geehrt - eine volkstümliche Ruhmeshalle unter freiem Himmel.

Der Viktualienmarkt, auf dem neben "Kraut und Ruam" auch exotische Früchte angeboten werden, ist der Ort, an dem München noch münchnerisch ist. Gleichzeitig ist er aber auch ein kleines Welttheater inmitten der Großstadt. Der Markt ist die Bühne für Einheimische, Gäste und das Revier vieler Originale. Hier verbinden sich Bodenständigkeit und Weltoffenheit.

Tanja Kammann erlebte den Viktualienmarkt mit seinem farbenprächtigen Angebot an Gemüse und Früchten als Augenschmaus und zusammen mit seinen vielfältigen Gerüchen und Gaumenfreuden als ein Fest der Sinne. In ihrem "Atelier zwischen Obst und Gemüsesteigen" versuchte sie die gewonnenen Eindrücke mit Stiften und Farben zu notieren und zu Papier zu bringen. "Es war eine Herausforderung, am Ort des pulsierenden Lebens, das Gesehene schnell festzuhalten".

Tanja Kammann entdeckte mit dieser Kunst-Facharbeit den Viktualienmarkt und ein Stück der Stadtgeschichte in einer ganz persönlichen Weise für sich. Eine Liebeserklärung an das "Herzstück Münchens"!

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Daniela Lehneis: Akt - Zeichnungen nach Modellen und Farbstudien, nach Werken der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München

Auf Grund ihres Interesses an Menschen-Darstellungen wählte Daniela Lehneis "Aktzeichnungen nach Modellen und nach Werken der Bayerischen Staatsgemäldesammungen in München" zu ihrem Thema.

In ihren kunstgeschichtlichen Studien untersucht sie drei Akte in Gemälden der Alten und der Neuen Pinakothek. Es sind dies der "Selbstmord der Lucretia" von Cranach, "Der Raub der Töchter des Leukippos" von Rubens und "Drei Jünglinge unter Orangenbäumen" von Marées. Ihre Kriterien für die Wahl waren die unterschiedlichen Körperhaltungen der dargestellten Personen, bei Cranachs "Lucretia" die Standfigur im Kontrapost, bei Rubens' Frauenraub das in Schwebe gehaltene Mädchen, das von Castor aufs Pferd gehoben wird. Neben diese bewegte Figur stellte sie den sitzenden Jüngling von Marées. In ihren abschließenden Betrachtungen vergleicht sie die verschiedenen Auffassungen von Körperlichkeit und Sinnlichkeit.

Neben Aktzeichnungen und Farbstudien nach Gemälden fertigte Daniela Lehneis Aktstudien an, zu denen ihr Freunde und Freundinnen Modell standen. Dazu bemerkt sie: "Zeichnen nach Modell hatte ich mir anfangs etwas leichter vorgestellt. Meine Erwartung, daß das Zeichnen nach Modell wohl kaum schwieriger sein kann, als das Abzeichnen von Vorlagen, erwies sich als falsch. Dies wurde mir beim ersten Modellzeichnen bewußt. Vor allem Verkürzungen bei Sitz- und Liegepositionen sind nicht einfach wiederzugeben".

Die Verfasserin bekennt abschließend, daß ihr die Facharbeit "viel Mühe, aber auch viel Spaß gemacht hat".

Eva Meier: Akt - Plastische Studien nach Modellen und Bildwerken in Münchner Museen

Der Wunsch der Verfasserin war es, sich in ihrer Facharbeit mit Aktstudien zu befassen. Akte sind für Eva besonders faszinierend, da sie die Gundlage für die Darstellung der menschlichen Gestalt bilden und ihr ein Gefühl von Wahrheit, Sinnlichkeit und Natürlichkeit vermitteln. Sie fertigte ihre Studien nach lebenden Modellen und Bildwerken in Münchner Museen an. Neben den kunstgeschichtlichen und zeichnerischen Studien machte sie Plastik und Bildhauerei zu ihrem besonderen Thema. Plastisches Gestalten war für die Verfasserin eine neue und reizvolle Aufgabe. "Plastik läßt sich nicht nur betrachten, sondern auch abtasten und begreifen, sie beeinflußt den Raum, der sie umgibt".

In ihren kunstgeschichtlichen Ausführungen untersucht Eva Maier "Akte in der Geschichte der Bildhauerei" und Aktbildwerke in der Neuen Pinakothek München.

Die Darstellung des nackten menschlichen Körpers war zu allen Zeiten und in fast allen Kulturen ein zentrales Thema. Die Menschen der Steinzeit beschworen in der fülligen "Venus von Willendorf" die Fruchtbarkeit. Die Griechen der Antike entwickelten in ihren idealisierten und heroischen Aktbildwerken ein Gespür für Größe, Proportion, Gewicht, sowie für das Verhältnis von Körper und Raum.                                            

Im Christentum des Mittelalters trat die Darstellung des nackten menschlichen Körpers zurück, da man die Beschäftigung mit der Körperlichkeit als hinderlich für das geistige Wachstum und die Hinwendung auf das Jenseits und die Religion ansah. Nacktheit wurde oft mit den negativen Seiten des menschlichen Daseins, mit Sünde und Scham in Verbindung gebracht. Dies führte zur Unterdrückung von Geschlechtlichkeit und Sinnlichkeit in der Kunst. Erst in der Renaissance nahm das Interesse an Aktdarstellungen wieder zu, bedingt durch die Auseinandersetzung mit der antiken Klassik. Ebenso verhielt es sich im Klassizismus des 19. Jahrhunderts. In den oft freizügigen Aktdarstellungen des 20. Jahrhunderts finden das Unbewußte des Seelenlebens, Sexualität und Gesellschaftskritik ihren Ausdruck.

Für Einzelinterpretationen wählte die Verfasserin exemplarische Bildwerke der Neuen Pinakothek. Ihr besonderes Interesse galt zum einen Thorvaldsen, dem bedeutendsten Vertreter der klassizistischen Bildhauerkunst. Sein "Adonis", 1808 von Kronprinz Ludwig I. in Auftrag gegeben und 1832 vollendet, verkörpert in jugendlicher Schönheit den Geliebten der Aphrodite. Zum zweiten befaßte sie sich mit der "Kauernden" des Impressionisten Auguste Rodin, in dessen Bronze Körperlichkeit und Seelenzustand offenliegen. Als drittes Beispiel wählte sie Henri Laurens' "Der Herbst" (1948), eine üppige weibliche Allegorie, die sich "bewegt und sinnlich wie eine Fruchtbarkeitsgöttin auf dem Boden räkelt".

Die im  Museum und nach lebenden Modellen gefertigten zeichnerischen Studien dienten der Verfasserin als Grundlage für ihre plastischen Arbeiten, die sie in Ton modellierte, aus Draht wickelte und aus Styropor schnitt. Zu den Arbeiten mit diesem Kunststoff wurde sie angeregt durch riesengroße Köpfe im deutschen Pavillon der "Expo 2000" in Hannover. In diesem Material fertigte sie eine kauernde Figur in Lebensgröße. Das schrittweise Beschneiden eines massiven Blocks bis zum Kern stellte eine Herausforderung dar, da die Arbeitsschritte gut überlegt werden müssen und nicht mehr rückgängig zu machen sind.

Die Verfasserin findet es reizvoll sich weiter mit Skulptur zu befassen und beabsichtigt die neuerworbenen künstlerischen Fertigkeiten weiterzuentwickeln.

Judith Mila Durante: "Spurensicherung" in der bildenden Kunst

Judith Mila Durante beschäftigt sich mit "Spurensicherung" in der bildenden Kunst. Sie nähert sich dem Begriff zunächt über Assoziationen. Spurensicherung läßt den Laien an Tatwaffen und aufklärende Kriminologen oder an Bodenfunde und Feldforschung betreibende Archäologen denken. Was hat Spurensicherung mit bildender Kunst zu tun? Welche Spuren sind zu sichern, warum und wozu? Diesen Fragen geht Judith in ihrer Arbeit nach. Dabei definiert sie den Begriff, untersucht Vorgehensweisen, Ziele und Absichten der Vertreter dieser Kunstrichtung, erläutert gesellschaftliche Hintergründe und studiert kunstgeschichtliche Vorläufer, in deren Folge die Spurensicherung in der Kunst entwickelt wurde. Ferner stellt sie wichtige Vertreter und exemplarisch ausgewählte Werke vor.

Seit den frühen 70er Jahren des 20. Jahrhunderts befassen sich Künstler im "Habitus von Ethnologen, Archäologen und Kriminalisten sowie von jugendlichen Souvenir- und Naturaliensammlern mit dem Dasein eher unscheinbarer Dinge, an denen Geschichte hängt". Für diese Strömung der Gegenwartskunst prägte Günter Metken 1977 den Begriff  "Spurensicherung". Manfred Schneckenburger erweiterte den begriffg auch auf das bewußte Herstellen fiktiver Spuren. Bei Spuren handelt es sich um "unscheinbare" Gegenstände des Alltags, die in ihrer Zusammenstellung ein Bild vom Leben ergeben. "Das künstlerische Vorgehen ... weist Ähnlichkeiten mit der wissenschaftlichen Methodik der Archäologen und Ethnologen auf". Dabei werden  "Gesellschaft und Leben zum Gegenstand von mehr oder weniger wissenschaftlichen Forschungen", wobei sich inhaltliche Analogien zu Soziologie ergeben. Die Werke der Künstler präsentieren sich scheinbar rational und wissenschaftlich objektiv, sind jedoch im Ansatz subjektiv und individuell. Wichtigstes künstlerisches Ausdrucksmittel sind die Aufbereitung und Präsentation des gesammelten Materials. Ziel ist die Schärfung der Sinne für die Zusammenhänge von Leben, Zusammenleben, Zeit und Imagination.

Judith Mila Durante stellt auch herausragende Vertreter dieser Kunstrichtung vor. Anne und Patrick Poirier (* 1942) sind die "Archäologen" unter den Spurensicherern, bekannt durch die phantasievolle Rekonstruktion von Ostia Antica. Nikolaus Lang (* 1941) gilt als der "Ethnologe". Sein "Hauptwerk ist die "Kiste für die Geschwister Götte" von 1973/74. Nach dem Tod des Geschwisterpaares sammelte er in ihrem Bauernhaus in Bayersoien Kleidung, Hausrat, Briefe und fertigte Fundprotokolle, Fotos und erstellte Klimakarten, um das Leben und die vergangene Welt einer Kleinbauernfamilie und "sich selbst im Zusammenhang von Ort, Zeit, Vergangenheit, Gegenwart und Imagination" zu ergründen. Christian Boltanski (* 1944) rekonstruiert seine eigene Vergangenheit oder die fremder Personen. Er entwirft "eine Soziologie des Alltags".

Im praktischen Teil ihrer Arbeit trägt Judith Mila Durante im Sinne der "Spurensicherung"  Fundstücke und Relikte zu vier Themenkreisen zusammen.

Zum Thema "Schule" sammelte sie Erinnerungsstücke ihrer bisherigen Schullaufbahn, die sie in einem Metallschrank mit sechs Schubladen aufbewahrt. Jeder Interessierte kann ihren Inhalt entnehmen, genau betrachten und sich eigene Gedanken dazu machen. Die Schubladen enthalten Jahresberichte, ihre Zeugnisse, Klassenfotos, Relikte von Klassenfahrten, private Briefe aus dem Unterricht und Utensilien aus dem Schulalltag.

Der Metallschrank mit den geheimnisvollen Schubladen erinnert uns an Dalís Gemälde "Brennende Giraffe" von 1935 oder an seine Bronzefigur "Venus mit Schubladen" von 1973. Das Anordnen der Objekte in verschiedenen Schubladenebenen, vom Offiziellen oben bis zu höchst Privatem unten, könnte einen auch an seelenkundliche Schichtenmodelle denken lassen.

Die Präsentation "Scherben am Meer" zeigt Fundstücke von verschiedenen Stränden mit Hinweisen auf  Fundorte und Zeiten, angeregt durch das Gedicht "Die zerbrochenen Dinge" von Pablo Neruda.

In ihrer Arbeit "Alex" rekonstruiert sie anhand fiktiver Spuren Aspekte einer Biografie. In einem "Schaukasten" finden wir neben Fotos, darunter ein Blick aus der Froschperspektive unter den Rock, ein Schreiben eines Gymnasiums vom 9. 3. 94, eine Schachtel "Super-Knallerbsen", eine rote Blüte, ein Lebkuchen-Herzerl "Für meine Süsse!", eine Zahnbürste und zwei Schlüssel.

Für das Objekt-Arrangement "Madonnen" sammelte sie Abbildungen eines Pin-up-Girls  Die Idol-Darstellungen wurden polyptychonartig an die Wand geheftet. Darunter befinden sich eine Madonnenstatue, eine Plastikmargerite, verpackte Haushaltsschwämme, eine verspiegelte Discokugel, Haarspangen und ein Fingerring. Ein Kultort mit Weihegaben privater Erinnerungen? 

Die Verfasserin verstand es, mit ihrer "Spurensicherung" persönlicher Objekte zu ihrer schulischen Biografie, ihr Thema auch bildnerisch überzeugend darzustellen.             

Müller Sandra: Torso - vom Fragment zum vollendeten Kunstwerk

Angeregt durch Bildhauerseminare in Kassel und Italien befaßte sich Sandra Müller im Rahmen ihrer Facharbeit mit Plastik und Bildhauerei. Sie wählte den "Torso" zu ihrem Thema.

In ihren kunstgeschichtlichen Ausführungen untersucht Sandra Müller exemplarische Torsi in der Geschichte der Bildhauerei. Eingangs definiert sie den Begriff "Torso". Darunter versteht man eine menschliche Figur ohne Kopf und Glieder, meist eine antike Skulptur, die durch Naturgewalten oder menschliche Mutwilligkeit zerstört wurde. Neben diesem "historischen Torso" steht der absichtlich "unvollständig" gearbeitete Torso und seit dem Ende des 19. Jahrhundets der "moderne Torso".

Torsi werden als überlieferte antike Fragmente zu Sinnbildern der Antike und der Gelehrsamkeit. Sie dienen den Künstlern als Studienobjekte und werden zu Allegorien für die Bildhauerei und schließlich für die Künste im Allgemeinen. Im Werk Rodins wird der Torso zum autonomen Kunstwerk.

Für den bildnerischen Teil dieser Arbeit zeichnete Sandra Müller Akte nach Modell und Bildwerken der Münchner Glyptothek, modellierte kleine Tonbozzetti und brachte auch ihre während unserer Kunstwoche auf dem Peterberg bei Dachau entstandenen Körperabformungen in ihre Arbeit mit ein. Von einer dieser Abformungen stellte sie ein Tonpositiv her. Archaisch sind die aus dunklem Brotteig gebackenen Relief-Torsi. Die wesentlichen Stücke dieser Facharbeit sind jedoch zwei aus Stein gehauene Skulpturen. Dabei

Für den bildnerischen Teil dieser Arbeit zeichnete Sandra Müller Akte nach Modell und Bildwerken der Münchner Glyptothek, modellierte kleine Tonbozzetti und brachte auch ihre Körperabformungen in ihre Arbeit mit ein. Archaisch sind die aus dunklem Brotteig gebackenen Relief-Torsi. Die wesentlichen Stücke dieser Facharbeit sind jedoch zwei aus Stein gehauene Skulpturen. Dabei galt es ein Gespür für die Beschaffenheit des Steins zu entwickeln und Form und Struktur des Steins mit den bildhauerischen Vorstellungen in Einklang zu bringen.

Der praktische Teil der Facharbeit hat der Verfasserin nach eigener Aussage "mehr Freude gemacht" als der schriftliche Teil, "obwohl er wesentlich zeitaufwändiger war". Abschließend bemerkt sie: "Ich bin mir sicher, daß ich mich weiterhin mit dem Thema beschäftigen werde".

Bärbel Obermeier: Mode - Körper formen zu wandelnden Bildwerken

Da Bärbel Obermeier sich für Mode und Modezeichnung begeistert, wählte sie die Facharbeit "Körper formen zu wandelnden Bildwerken". Im schriftlichen Teil ihrer Arbeit setzt sie sich mit anregenden Vorbildern auseinander, wie Oskar Schlemmers Figurinen des "Triadischen Balletts" (1912-1932) und Maskenkostümen der Pantomimengruppe "Mummenschanz".

In ihrem bildnerischen Teil befaßte sich Bärbel mit Akt- und Körperstudien, entwickelte in Skizzen und Zeichnungen Ideen und Entwürfe für eigene Kostüme. Von diesen führte sie drei in ungewöhnlichen Materialien aus und entwickelte auch ein Konzept zu deren Präsentation.

Mode spielt immer wieder mit hautengen, körperumformenden und weiten, körperverhüllenden Elementen. Bärbel Obermeiers Entwürfe bewegen sich ebenfalls zwischen diesen Polen. Sie vergrößert Körperteile, wie Bauch, Schultern, Kopf und Brust, hebt sie plastisch hervor und läßt ihnen somit besondere Bedeutungen zukommen. Daneben reduziert sie, wie Schlemmer, den weiblichen Körper auf geometrische Grundformen, Kegel, Kubus, Kugel und Zylinder. Zudem setzt sie farbige Akzente und bringt geschlossene Flächigkeit und Durchsichtigkeit mit ins Spiel.

Die verwirklichten Kreationen nennt sie "Müllsack-Kostüm",  "Rote Kugel" und "Grüner Schlauch". Für die "Rote Kugel" wurde ein Riesenluftballon mit Seiden- und Zeitungspapier überklebt. Die Kugel sitzt in der Taille, bedeckt Bauch und Hüften und läßt uns an weibliche Fülle oder an eine Schwangere denken. Styroporkugeln auf einem enganliegenden schwarzen Body vermitteln den Eindruck extrem breiter Schultern. Hinzu kommt ein bodenlanger Schleier aus schwarzem Tüll. Das Kostüm "Grüner Schlauch" besteht aus hellgrün eingefärbter Schlupfbandage, wie sie in Krankenhäusern verwendet wird. Legt man in dieses hautenge Schlauchkleid Drahtringe mit unterschiedlichem Durchmesser, so entsteht eine überraschende Fülle von Spielarten der Gegensätze von "hauteng" und "weit". Bei der Umsetzung ihrer Ideen verwendet die Modeschöpferin kreativ Materialien vom Baumarkt, wie z. B. Maschendraht und Noppenfolie, die in der Modebranche nicht gerade gebräuchlich sind.

Diese Facharbeit war für Bärbel Obermeier nicht nur eine "künstlerische, kreative Bereicherung", sondern beeinflußte sie auch in ihren Berufswunsch: "Der Spaß, den mir der bildnerische Teil meiner Facharbeit bereitete, bestärkte mich in meinem Entschluss möglicherweise einen Mode-Beruf zu wählen, wobei ich mir nach Anfertigung des theoretischen Teils auch Modejournalismus vorstellen kann".

Sandra Pfoestl: "Gone" - Gestaltung eines Comics

Sandra Pfoestl wählte die "Gestaltung eines Comics" zu ihrem Thema. Im schriftlichen Teil ihrer Arbeit gibt sie eine Definition des Comics. In den folgenden Ausführungen befaßt sie sich mit gestalterischen Aspekten dieser heiteren und satirischen Bildgeschichten. Dabei geht sie auf die "Sprache" und die "Bewegung im Comic" ein, untersucht den "Zeitrahmen", die "Ausdruckskraft des Strichs" und die "Koppelung von Wort und Bild". Weitere Kapitel sind überschrieben mit "Entwicklung eines Comics" und  "Farbe".

Als Vorbereitung für ein von ihr geplantes Comic-Heft fertigte die Verfasserin eine Reihe von Skizzen, und Studien an. Unter dem Titel "GONE" erzählt sie mit dem Zeichenstift und mit drei englischen Sätzen die Kurzgeschichte der Trennung eines Paares aus dem Blickwinkel eines jungen Mannes. Dieser wacht um drei Uhr morgens auf, kocht sich eine Tasse Kaffee und denkt an das, was gestern geschah. Bilder tauchen in ihm auf: Sie packt ihre Sachen. Der Kleiderschrank ist geleert. Ein Taxi wird gerufen, ein Koffer im Kofferraum verstaut. Das Taxi fährt davon. Die Kaffeetasse in der Hand, sinniert der Verlassene: "And so I was my own again!".

Susanne Rützel: "Durch die Blume gesprochen" -

Blumenstudien und die Bedeutung der Blume in der Kunst

Studien in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und nach der Natur

"Die Farben der Blumen zogen mich unwiderstehlich an, und fast plötzlich war ich beim Malen. (...) Die blühenden Farben der Blumen und die Reinheit dieser Farben, ich liebe sie." Dieses Zitat von Emil Nolde stellt Susanne Rützel als Leitgedanken an den Anfang ihrer Facharbeit. Wie Nolde ist auch Susanne begeistert von der Formenvielfalt und dem Farbenreichtum der Blumen. Da sie in ihrer Freizeit als Floristin in einem Blumengeschäft arbeitet, lag es nahe, die Kunstfacharbeit aus diesem Bereich zu wählen.  

Susanne Rützel geht in ihrer Arbeit Blumendarstellungen in der Malerei und ihren besonderen Bedeutungen in ausgewählten Gemälden nach. In ihrem Kapitel "Entwicklungsgeschichte der Blumendarstellungen" beschreibt sie exemplarische Beispiele von der Antike bis zur Gegenwart und befaßt sich mit "Darstellungsmethoden in der Botanik".

Die seit den Kreuzzügen, besonders durch den Fernhandel im 16. Jahrhundert aus dem Orient impor-tierten neuen Arten weckten nicht nur das Interesse der Botaniker, sondern begeisterten auch die Maler. "Aus allen Teilen der Welt kamen Pflanzenarten nach Europa: Tulpen, Flieder, gelbe Rosen aus dem Iran und aus der Türkei, Nelken aus Tunesien, die Kaiserkrone aus Persien, Hortensien und Chrysanthemen aus China und Dahlien aus Mexiko". Ab 1550 wurde das Blumenstück zu einem eigenen Thema.

Mit dem zunehmenden Interesse an der Natur im Mittelalter und der Renaissance werden Blumen auch zu Symbolträgern, besonders in der sakralen Malerei. Ihre Bedeutung wächst ihnen zu aus ihrer Gestalt, ihrem Duft, ihrer Heilkraft und der Mythologie. Die Nelke steht für die Leidenschaft, die Nagelform ihrer Blätter und Frucht ist ein Bild für die Kreuzigung Christi. Wegen seines lang anhaltenden Duftes ist der Rosmarin ein Symbol für die Ewigkeit. Die Rose als Sinnbild der göttlichen und leidenschaftlichen Liebe wird in der Antike Venus und im Christentum Maria zugeordnet. Die weiße Lilie, Symbol des Lichts, der Reinheit, Unschuld, wird auf die Jungfräulichkeit Marias bezogen. Blumen und Blüten sind oft auch verbunden mit Frauengestalten, z. B. mit Flora, der Göttin des Frühlings, der Jugend und Fruchtbarkeit.

Daneben gilt das besondere Interesse dieser Arbeit vier ausgewählten Blumengemälden in den Baye-rischen Staatsgemäldesammlungen. Die Verfasserin untersucht exemplarisch den "Blumenstrauß"  von Jan Brueghel, das Liebespaar in der Gartenlaube im Gemälde der "Sommer"  von Caspar David Friedrich, die "Vase mit Sonnenblumen" von Vincent van Gogh und die "Seerosen"  von Claude Monet. Für das 20. Jahrhundert führt sie unter anderen Beispielen den von ihr besonders geschätzten "Orientalischen Mohn"  von Georgia O´Keeffe an. In ihren kunstgeschichtlichen Studien stellt sie die Maler der Werke vor und untersucht die Bedeutung der Blumen im Zusammenhang von Komposition und farbiger Gestaltung. 

Im praktischen Teil ihrer Arbeit fertigte Susanne Farbstudien, Aquarelle und Zeichnungen an von exotischen Blüten und Blumen verschiedener Jahreszeiten nach Gemälden und nach der Natur.

 

In dieser mit viel Liebe angefertigten Facharbeit verbinden sich botanische Interessen, Kunstgeschichte und bildnerische Gestaltung. Sie könnte ein Einstieg in das Berufsfeld der "Gartenarchitektur und Landschaftspflege" sein.

Felizitas Zechmeister: Videofilm "Haus der offenen Türen"

Konzepte - Experimente - Gestaltung.

Eine Auseinandersetzung mit dem Avantgardefilm

Felizitas Zechmeister filmt seit Jahren mit ihrer Videokamera und interessiert sich besonders für den Experimentalfilm. Daher lag es für sie nahe, das Thema ihrer Kunst-Facharbeit in diesem Bereich zu suchen. Der vom Kursleiter für diesen Videofilm vorgeschlagene Arbeitstitel lautete: "Theodolinden-Gymnasium 2000. Konzepte - Experimente - Gestaltung". Neben der Auseinandersetzung mit dem Genre des Experimentalfilms sollte die Verfasserin im Jahr 2000, ihrem letzten Jahr vor dem Abitur, ihre Schule und das Schulleben aus verschiedenen Perspektiven filmisch beobachten und dieses Material zu einem Kurzfilm verarbeiten. Angeregt durch den "Tag der offenen Tür" wählte sie sich im Laufe der Dreharbeiten "Haus der offenen Türen" als Titel für ihren Video-Film.  

Im schriftlichen Teil ihrer Arbeit befaßt sich Felizitas Zechmeister mit dem "anderen Kino", das heißt, mit wenig beachteten und kaum kommerziell zu nutzenden Experimental- oder Avantgardefilmen. Dabei erklärt sie in einer Definition, was man unter Experimentalfilm versteht, und stellt verschiedene Konzepte dieser Gattung vor.

"Jeder Film vermittelt seine sinnlichen Inhalte in bewegten Bildern. Diese müssen nicht unbedingt gegenständliche sein. Derartige Bilder entziehen sich manchmal einer sprachlichen Beschreibung". Das Erzählkino, der "narrative Film" ist meist gegenständlich angelegt, über ihn kann man leicht sprechen. "Der Experimentalfilm jedoch hat eine ganz eigene Filmsprache. Statt linearer Handlungen und psychologischer Begründungen, wie sie im Spiel- oder Dokumentarfilm vorherrschen, strebt der Experimentalfilm Dimensionen jenseits der Konventionen an".

In ihrem Kapitel "Die Entwicklung der filmischen Avantgarde" beschreibt sie die geschichtliche Entwicklung und bedeutende Beispiele der Filmavantgarde des 20. Jahrhunderts. Sie beginnt mit dem sowjetischen Revolutionsfilm und Sergej Eisenstein, der 1925 mit seinem "Panzerkreuzer Potemkin" Filmgeschichte machte. Es folgen der surrealistische Film  mit "Un Chien Andalou" (1929) von Luis Bunuel und Savador Dalí und die amerikanische Avantgarde der 40er Jahre mit Maya Derens "Meshes of the afternoon" (1943). Bei ihren Studien zur "Entwicklung des Experimentalfilms seit 1950" geht sie unter anderem auf  Vlado Kristl und auf die Filme von Wilhelm und Birgit Hein ein. Letztere lernte sie auch persönlich kennen.

Das Schulgebäude mit seinen Fensterfluchten im Außenbau und seinen langen Gängen und vielen Türen bildet den Ort der Rahmenhandlung des Video-Experimentalfilm "Haus der offenen Türen". "Das Öffnen der Türen sollte Einlaß zu Gedanken und Gefühlen oder zu freien Assoziationen schaffen". Die eingefügten Sequenzen hinter den Türen sind "Zitate" aus eigenen dokumentarischen Aufnahmen der letzten Jahre. Felizitas Zechmeister "wollte diesen Film nicht auf den üblichen Schulalltag begrenzen". Sie schreibt: "Ich wollte neue Perspektiven aufzeigen und meine Gefühle und Gedanken zum Thema aufgreifen und erlebbar machen". An anderer Stelle fährt sie fort: "Da mich die Gedanken an den Tod und die Beerdigung meiner Großmutter auch bis in den Schulalltag hinein beschäftigten, setzte ich mich auch auf filmischer Ebene damit auseinander".

Obwohl Felizitas Zechmeister in ihrem Film auf das Schulleben, den Schulalltag und die Schulfeste in im Jahr 2000, ihrem letzten Schuljahr vor dem Abitur, kaum einging, so ist ihre Arbeit doch eine gelungene experimental-filmische Aufarbeitung ihrer persönlichen Erlebnisse.

Sabine Zels: Die Sprache der Hände

Das Motiv der Hände in der Malerei, erläutert an Beispielen aus der Alten und Neuen Pinakothek sowie der Staatsgalerie Moderner Kunst in München

Sabine Zels ist von Händen und ihrer ganz eigenen Ästhetik fasziniert: Hände sprechen eine eigene Sprache. Eine einzige Geste kann mehr sagen als tausend Worte. Dies führte dazu, daß sich Sabine mit dem Thema "Hände" in der bildenden Kunst näher befassen wollte.  

Für ihre kunstgeschichtlichen Untersuchungen wählte sich Sabine Zels Werke bedeutender Künstler verschiedener Epochen in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München. Sie beginnt mit Marx Reichlichs "Dornenkrönung Christi" (1506) und der "Versuchung Josephs durch Potiphars Weib" (um 1500) vom Meister der Josephsfolge. Peter Paul Rubens' Hochzeitsgemälde "Rubens und Isabella Brandt in der Geißblattlaube" (1609/10) darf in diesem Zusammenhang nicht fehlen. Es folgen "Die kleine Obsthändlerin" (1670-75) von Murillo, die sich dem Wein und der Liebe hingebenden "Liebenden" (1744) von Nattier d. J., die Bildnisse des Bildhauers "Bertel Thorvaldsen" und der von König Ludwig I. verehrten "Marchesa Florenzi" (1824) von Heinrich Maria von Hess, das Freundschaftsbild "Italia und Germania" (1811-28) von Overbeck und "Die extatische Jungfrau Katharina Emmerich" (1885) von Gabriel von Max. An den Schluß stellt sie die "Frau mit Mandoline" (1910) des Kubisten George Braque.                                   

Hierzu einige Beispiele. In dem Gemälde der "Dornenkrönung Christi" von Marx Reichlich verweisen die gekreuzten Hände ebenso wie die über dem Haupt gekreuzten Stöcke, mit denen die Schergen die Dornenkrone aufs Haupt Christi drücken, auf die bevorstehende Kreuzigung des "Königs der Juden". -

In Rubens' "Geißblattlaube" bilden die ineinander gelegten Hände des Hochzeitspaares die kompositorische und inhaltliche Mitte des Gemäldes. Der ausgestreckte Zeigefinger der im Degenkorb ruhenden linken Hand des Malers verweist auf diese in Zuneigung ineinander gelegten Hände von Mann und Frau und macht das Hochzeitsbild somit zu einem gemalten Eheversprechen.

In ihren bildnerischen Studien zeichnet Sabine Zels Hände nach den Gemälden und stellt ihnen Rötelzeichnungen nach der Natur gegenüber. Ihr Skizzenbuch enthält auch selbstgefertigte Photos, die den bildlichen Bezug zu ihren Zeichnungen anschaulich herstellen. Ihre Facharbeit ist eine gelungene Verbindung von kunstgeschichtlichen und bildnerischen Studien.

Für meine Schülerinnen und Schüler mit guten Wünschen!                         Dr. Wilhelm Zohner

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