ART GOES SOAP
Vom Zeichensaal zur Seifenoper
Als Künstlerin weis ich, welche Energie beim kreativen Prozess entstehen kann . Vorraussetzung dafür ist eine Thematik, die interessiert, die neugierig macht . Als Kunsterzieherin beschäftige ich mich immer wieder mit der Frage, mit welchem Thema ich die Schülerinnen begeistern kann . Oder, wie ich im Referendariat gelernt habe, man muss die SchülerInnen dort abholen, wo sie - ihrem Entwicklungsstand entsprechend - stehen . Leicht gesagt - schwer getan .
Wie also kann ich in meinem Unterricht Nähe zum Alltag der SchülerInnen herstellen, wo kann ich Identifikationsmöglichkeiten schaffen ? In den letzten Jahren haben sich viele Themen angesammelt, die sich auf den Alltag der SchülerInnen beziehen : Mode, Haare, Graffiti.... Aber es gibt keine Garantie für ein gutes Thema . Was in einer Klasse gut gelaufen ist kann in einer anderen Klasse ein Flop sein . Glücksfälle sind es , wenn der Funke der Begeisterung nicht nur auf einzelne, sondern auf die ganze Klasse überspringt .
Die 7a hatte sich großformatig mit dem Thema „mein Wunschort“ auseinandergesetzt . Die Stimmung in der Klasse war gut und kreativ. In der Vorbereitung haben sich die SchülerInnen zuerst schriftlich mit ihrem Wunschort auseinandergesetzt . Später durften sie sich von ihren geheimen Wunschorten erzählen . Das Thema hat gepasst, der Funke war da und die Stimmung während der Arbeitsphase war lebendig und konzentriert . Ich war mit dem Ergebnis der Klasse sehr zufrieden, die Bilder können sich sehen lassen, sie sind schön groß, farbig und dem Thema entsprechend auch sehr unterschiedlich . Was will ich mehr ?
Ein Bekannter mit Beziehungen zum Film fragte mich, ob ich große wirkungsvolle Bilder einer 7. Klasse hätte, Die Serie Marienhof würde für eine Episode, in der ein Klassenzimmer als Drehort vorkommt, Bilder einer 7. Klasse suchen. Als Honorar versprach die Produktionsfirma DM 200 für die Klassenkasse.
Die Klasse fand das Angebot toll, einige der Mädchen, die Marienhof-Fans, waren Feuer und Flamme und die Eltern waren auch einverstanden .
Was mir an der Aktion gefällt, ist, dass die Ausstellungssituation bewusst miterlebt wird . Das Herzeigen der eigenen Bilder ist ja genauso wichtig wie das Malen selbst. Wo sich das Ausstellen der Arbeiten sonst auf die Schule beschränkt, werden sie so - im medialen Zeitalter eben über TV – von einem ganz großen Publikum gesehen .
Und das tut gut.
Gesagt, getan, die Bilder wurden übergeben . Ein paar Wochen später brachte mein Bekannter das Geld und einen dicken Packen mit Autogrammkarten von den Schauspielern. Das Geld kam in die Klassenkasse, aber wie sollte ich die Autogrammkarten am Besten, am Gerechtesten verteilen ? Die Klasse war in der Zwischenzeit im Skilager gewesen und von der gemeinsamen Woche aufgewühlt zurückgekehrt . Da kamen mir die Karten gerade recht . Ich gestehe, ich erinnerte mich an lang vergangene Zeiten, als es noch Fleißbildchen gab . Wer sich ruhig in der Stunde benahm, bekam so ein Fleißbildchen . Nach anfänglichem Protest akzeptierte die Klasse diese Vergabepraxis .
Die SchülerInnen im Marienhof sind offensichtlich innerhalb weniger Wochen um Jahre gealtert - jetzt sind die Bilder der 10a gefragt . Und vielleicht bekommt dadurch die eine oder der andere eine Ahnung davon, welche Türen der Kunst offen stehen. Gut für das Selbstvertrauen und die Klassenkasse.