Buna Ziua Romania 31.03 bis 07.04.2001

... soso, das TLG fährt inzwischen also schon in die Walachei. Natürlich nicht irgendwo dorthin, sondern wir machten im Rahmen eines Schüleraustausches mit der Deutschen Schule Bukarest einen Gegenbesuch, und da liegt eben Bukarest Mitten in der Walachei, einer Region von Rumänien. Lässt man nun noch an dieser Stelle einen Schnellkurs in Rumänisch folgen, dann gelangt man automatisch noch in eine weitere Region von Rumänien. Rumänisch ist ja ganz einfach: Park heißt übersetzt parc, der Park heißt dann parcul, See heißt lac und der See heißt dann lacul. dracul heißt folglich der Drache und dracula bedeutet in etwa Sohn des Drachen. Setzt man nun den Drachen als ein Symbol des Teufels, dann sind wir mit Dracula als Sohn des Teufels schon mitten in Transsilvanien, dem Land hinter den Wäldern, das wir uns natürlich auch als ein Ziel auserwählt haben. Mit der alten Vampirlegende ist eigentlich auch schon der einzige touristische Aufhänger genannt, um eventuell einmal nach Rumänien zu fahren. "Was soll man denn dort?", ist ja die allgemeine Meinung hier in unserem Lande. Es ist bekanntlich schwer, gegen festgefahrene Vorurteile anzukommen, doch ein gutes Mittel dagegen gibt es, und das ist die Jugend! Da hat uns letztes Jahr hier an der Schule geschlossen eine ganze 10. Klasse aus Bukarest besucht und damit verbunden war selbstverständlich eine Gegeneinladung nach Rumänien. Mir war damals nicht klar, ob es überhaupt ein Interesse unserer Schüler an einem Gegenbesuch geben wird, aber anscheinend hatten die rumänischen Gäste durch ihre liebenswerte und auch temperamentvolle Art so einen guten Eindruck hinterlassen, dass sich schnell und problemlos eine allen Vorurteilen trotzende Reisegruppe nach Rumänien gefunden hatte.

Also stand einer Fahrt zu der rumänischen Gastschule fast nichts mehr im Wege, außer einer Angestellten im Check-In-Schalter in München, die sich hartnäckig weigerte, die aktuellen Einreisebestimmungen nach Rumänien zu kennen. So konnte nur ein Teil der Gruppe planmäßig über Mailand losfliegen. Dafür setzten nach baldiger Klärung der Visaangelegenheit, die Zurückgebliebenen zu einem eleganten Überholmanöver via Wien an, um so mit einstündigem Vorsprung in Bukarest anzukommen. In der Zwischenzeit wurden in Bukarest emsig Familienmitglieder, Freunde und Verwandte umquartiert, um so den Gästen aus München eigene Zimmer zur Verfügung stellen zu können. Die Gastgeber holten dann auch gleich unsere Schüler am Flughafen ab und waren so für das Wochenende „verräumt“. Wir Lehrer hatten damit die Gelegenheit, in aller Ruhe mit den Kollegen vor Ort die rumänische Gastronomie zu genießen, bevor es dann gleich montags per Bus zusammen mit der rumänischen Klasse auf eine Rundtour in das Herz Transsilvaniens (deutsch: Siebenbürgen) ging. Auf der Hauptstrecke dorthin war eine Brücke etwas kaputt, so dass der Bus die Südkarparten auf kurvenreichen Nebenwegen durchquerte, ganz zur Freude von Claudia, die beruhigt feststellte, dass es auch anderen mal schlecht werden kann. Die erste Station war Brasov (deutsch: Kronstadt), einer Stadt mit mittelalterlichem Kern, die früher mal als östlichste Stadt der abendländischen Kultur bezeichnet wurde. In unmittelbarer Nähe liegt Castelul Bran, das vermeintliche Schloss Draculas. Natürlich haben wir auch das besucht. Wir erfuhren einiges über Zollgrenzen, Geheimgänge und Liebschaften von Hohenzollern mit rumänischen Herrschern, Vampire sahen wir zur Enttäuschung vieler aber nicht. Vielleicht hätten wir doch die Nachtführung nehmen sollen, aber dazu fehlte die Zeit, denn der nächste Abend war schon für die Burgdisco von Schäßburg (rumänisch: Sigishoara) reserviert, unserem nächsten Ziel. Schäßburg ist wohl die schönste mittelalterliche Stadt Siebenbürgens und auch bekannt als Geburtsort von Vlad Tepes bzw. Vlad Dracul. Er war ein Anhänger des damaligen Drachenordens, ein Walachenfürst, der wegen seiner Grausamkeiten in einigen Türkenkriegen auch „Vlad der Pfähler“ genannt wurde und so unfreiwillig Karriere als historisches Vorbild für Bram Stokers Romanfigur machte. An unserem  nächsten Reisetag machten wir noch einen Abstecher in das kleine Dorf Wurmloch mit seiner imposanten Kirchenburg. Dort lernten wir die Resten der deutschen Siedlungskultur der Siebenbürger Sachsen kennen, die dort vor Jahrhunderten als Wehrbauern angesiedelt wurden und deren Kultur mit der großen Auswanderungswelle nach Öffnung des Eisernen Vorhangs nun verlorengegangen ist. Herr Friedrich Schneider, der Küster und einer der noch 17 in diesem Dorf lebenden Sachsen, zeigte uns die Kirche und die alte Orgel (auf der Angela ihre Künste zeigen durfte), erzählte ein paar Geschichten von der Gewitterglocke, die das Dorf seit Jahrhunderten vor schwerem Unwetter bewahrte und von früher, als noch um die 700 Sachsen in diesem Dorf lebten. Über Sibiu (deutsch: Hermannstadt), dem schönen Olt-Tal entlang durch die Karpaten, mit einem Halt an dem orthodoxen Kloster Cozia ging es dann zurück nach Bucuresti. Die angestaute Müdigkeit wurde mit kräftigem Gesang bekämpft - erstaunlich ist, dass die rumänischen Schüler weit mehr traditionelles deutsches Liedgut beherrschen als unsere Schüler.

Die letzten Tage waren noch bestimmt durch Unterrichtsbesuche in der gastgebenden Schule und der Besichtigung Bukarests. Ein Höhepunkt war dabei sicherlich der Besuch des gigantischen Parlamentsgebäudes, oft auch Ceausescu-Palast genannt. Diesem Prachtpalast mit samt seinen Außenanlagen wurden ganze Altstadtviertel geopfert. Viele tausende Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen. Es wird sogar behauptet, dass einige Leute damals aus Rache ihre Haustiere, vor allem Hunde, in den Häusern zurückließen - so soll dann das große Problem der vielen Straßenhunde entstanden sein. In dem nie ganz fertiggewordenen großflächigen Gelände rosten noch heute die seit der Revolution von 1989 nicht mehr benutzten Kräne als Denkmal einer schwierigen Epoche der rumänischen Geschichte.

Zum Schluss gilt unser Dank dem Bayerischen Jugendring, dem Institut für Auslandsbeziehungen und dem Münchner Schulreferat für die finanzielle Unterstützung. Des weiteren bedanken wir uns bei unserer Schulleitung als auch bei der Schulleitung der Bukarester Gastschule, dem dortigen Klassenlehrer Herr Zapf und seiner Frau und auch bei der Deutschen Botschaft in Bukarest für die Unterstützung bei diesem Unternehmen. Ein großes Lob auch an unsere mitfahrenden Schülerinnen und Schüler, die sich als interessierte, sympathische und problemlos zu führende Gruppe entpuppte. Das größte Lob haben aber unseren rumänischen Gastgebern, der Klasse 11b des Liceul Hermann Oberth, verdient, die uns alle mit einer außergewöhnlich großen und herzlichen Gastfreundschaft empfing und die auch fast das gesamte Besuchsprogramm in Eigenregie hervorragend organisiert hat.

R. Strössig, S. Friederich

zurück zum Inhaltsverzeichnis