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Im Folgenden finden Sie hier eine Biologie-Facharbeit in Auszügen.
Sie entstand in Zusammenarbeit mit der Ludwigs-Maximilians-Universtät München, die ein einwöchiges Praktikum ermöglichte!
Nanotechnologie und ihre Bedeutung für die Biologie
Menschlicher Chromosomensatz (aus: VIII. 10.)
Verfasser: Christoph Bergler
I. Glossar
A.
AFM: Abkürzung für Atomic Force Microscopy, Rasterkraftmikroskopie
AFS: Abkürzung für Atomic Force Spectroscopy, Kraftspektroskopie
Assampler: submikroskopisch kleiner Monteur mit Greifärmchen und einem Nanocomputer, der bestimmt, was die Greifärmchen für die Produktion beliebiger Objekte greifen sollen
DNA: englische Abkürzung für die Erbsubstanz Desoxyribonukleinsäure
FISH: Abkürzung für Fluorescence in Situ Hybridization, Methode genetisches Material zu markieren
Gel – Elektrophorese: Verfahren zur Trennung von verschiedenen Fraktionen eines Stoffgemisches (nutzt die unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeiten der von einem elektrischen Feld gezogenen Fraktionen in einem Gel)
NFOM: Abkürzung für Near – Field Optical Microscopy
PCR: Abkürzung für Polymerase Chain Reaction (biochemisches Vervielfältigungsverfahren)
SEM: Abkürzung für Scanning Electron Microscopy, Rasterelektronenmikroskopie
SFM: Abkürzung für Scanning Force Microscopy, Rasterkraftmikroskopie als Oberbegriff
SNOM: Abkürzung für Scanning Near – field Optical Microscopy (= NFOM)
STM: Abkürzung für Scanning Tunneling Microscopy, Rastertunnelmikroskopie
SXM: hier steht das "X" für die jeweils eingesetzte Sonde
TEM: Transmissionselektronenmikroskopie
B.
Vorsätze zur Bezeichnung von Zehnerpotenzen von Einheiten
Zehnerpotenzen |
Vorsatz |
Vorzeichen |
10-1 |
Dezi |
d |
10-2 |
Zenti |
c |
10-3 |
Milli |
m |
10-6 |
Mikro |
µ |
10-9 |
Nano |
n |
10-12 |
Piko |
p |
10-15 |
Femto |
f |
10-18 |
Atto |
a |
II. Einleitung
Nanotechnologie ist die Wissenschaft des Betrachtens, Charakterisierens, Herstellens und Nutzens von Strukturen, die Abmessungen von ungefähr
1 – 100 Nanometer haben.
"Nanotechnologie wird mit ziemlicher Sicherheit ein großes Thema werden, weil auf diesem Gebiet alle Disziplinen der Naturwissenschaft zusammenkommen:
‚Biologie, Chemie, Physik, Mathematik und die meisten technischen Fachbereiche" (Schulenburg: Nanotechnologie, S. 13).
Der Vorsatz "Nano" ist griechischen Ursprungs und heißt übersetzt: Zwerg.
Ein Nanometer ist der milliardste Teil eines Meters.
Um eine Vorstellung von dem Nanometermaßstab zu bekommen, soll die folgende Tabelle als Hilfe dienen.
Größenordnung | Nano - Objekte |
100000 nm -
10000 nm |
Kleinste mikromechanische Komponenten (Pumpen, Ventile, Elektromotoren: 200 µm - 100 µm); Haardurchmesser: ca. 50 µm; Dicke von Haushaltsaluminiumfolie: 15 µm - 10 µm. |
10000 nm –
1000 nm |
Hartstoffschichten aus Titannitrid, Wolframcarbid; Dicke einzelner Nervenleitungen; Abstand der Vertiefungen auf CDs: ca. 1500 nm; rote Blutkörperchen; Bakterien. |
1000 nm -
100 nm |
Untere Objektgrenze für Lichtmikroskope: ca. 500 nm; minimale Strukturbreiten marktgängiger elektronischer Bauelemente; kleinste Staubteilchen; Dicke eines schillernden Ölfilms oder einer Seifenblasenwand; Wellenlängenbereich von sichtbarem Licht: 350 nm - 750 nm; Beschichtung von Architektur – und Brillengläsern: ca. 250 nm; kürzeste Laserlicht – Wellenlänge: 192 nm. |
100 nm – 10 nm | Untere physikalische Grenze der konventionellen Photolitographie: 100 nm; DIcke von Blattgold; kürzestwellige UV – Strahlung; längstwellige, weiche Röntgenstrahlung: ca. 30 nm; Makromoleküle. |
10 nm – 1 nm | Breite des DNA–Doppelstranges: ca. 2,5 nm; Tröpfchendurchmesser bei Metallic-Lack und Emulsionströpfchen bei Gesichtscremes; Moleküle; Nanokristalle. |
1 nm – 0,25nm | Fullerene (Buckyballs, Fußballmoleküle); kleine Moleküle |
0,25 nm | Ca. – Durchmesser von Metall-Atomen |
(Schulenburg: Nanotechnoligie, S.19)
Die technischen Anwendungsmöglichkeiten scheinen unendlich.
Während die Nanotechnologie sich in einigen Wissenschaftsrichtungen, wie Elektronik, Halbleitertechnik und Chemie schon gut etabliert hat, hält sie in anderen, wie in der Biologie, erst Einzug und ist dort noch einigermaßen überschaubar.
Nanotechnologie in der Biologie ist nur ein sehr kleiner Teil von einem sehr großen, interessanten Thema.
Ein einwöchiges Praktikum bei der Arbeitsgruppe "Rastersondenmikroskopie" unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang M. Heckl im Institut für Kristallographie und angewandter Mineralogie der Ludwig – Maximilians – Universität München hat mein Interesse an der Nanotechnik geweckt und mich dazu bewogen, dieses Thema für meine Facharbeit zu wählen.
III. Mikroskope – Werkzeuge der Nanotechnik
Die wichtigste Grundvoraussetzung für die Nanotechnologie, unabhängig von Anwendungs- und Aufgabengebiet, ist die Möglichkeit, Objekte auf der Nanometerskala zu betrachten. Nur so kann gezielt gearbeitet und die Ergebnisse von einzelnen Arbeitsschritten exakt kontrolliert werden.
Der Wissenschaft steht eine große Zahl von Mikroskoptypen, von denen einige den Eintritt in die Nanowelt ermöglichen, zur Verfügung.
Hier werden die fünf für die Nanotechnologie wichtigsten Vertreter vorgestellt.
1. Methoden der direkten Abbildung (am Beispiel des TEM)
Die Untersuchung von Materie beginnt häufig damit, dass man sich die entsprechende Substanz mit dem bloßen Auge oder Lichtmikroskop ansieht.
Dabei kann man außer der Farbe und der Homogenität der Zusammensetzung vor allem geometrische Parameter wie Rauigkeit der Oberfläche, Porosität, Korngröße etc. bestimmen.
Diese Parameter erhält man quantitativ aus Methoden der direkten Abbildung und aus Rastermethoden oder über Beugungsmethoden.
Bei der direkten Abbildung werden alle Punkte eines ausgewählten Bereiches gleichzeitig abgebildet.
Die bekannteste Methode ist die Lichtmikroskopie.
Transmissionselekronenmikrosopie (TEM):
Die Elektronenmikroskopie arbeitet analog zur Lichtmikroskopie. Anstelle von Lichtwellen werden Elekronenwellen, anstelle von optischen Linsen werden magnetische oder elektrische Linsen zur Abbildung verwendet.
Für TEM werden extrem dünne Proben benötigt, damit der Elektronenstrahl die Probe durchdringen kann. Die Präparation der erforderlichen Dünnschliffe ist sehr aufwendig und kann nicht für beliebige Proben ohne deren Schädigung durchgeführt werden. Außerdem können elektroneninduzierte Strahlenschäden auftreten, die vor allem organische und biologische Objekte zerstören. Weitere Nachteile der Elekronenmikroskopie ist das benötigte Vakuum für die erforderliche große mittlere freie Weglänge der Elektronen, die nicht an den Luftmolekülen gestreut werden dürfen, sowie die zum Teil erforderliche Leitfähigkeit von Proben, damit keine inhomogenen Aufladungsfelder beim Beschuß mit Elektronen entstehen, die den Elektronenstrahl unkontrolliert umlenken.
Ersteres ist vor allem ein Problem bei der Untersuchung lebender biologischer Objekte, letzteres sowohl bei biologischen Objekten als auch bei Keramiken u.ä..
Trotzdem ist TEM eine der wichtigsten Untersuchungsmethoden selbst für biologische Objekte.
2. Rastermethoden
Allen Rasterverfahren gemeinsam ist das Prinzip, die Probe Punkt für Punkt zeitlich nacheinander zu betrachten.
Unterschiede bestehen in der Art des Abtastens und in der physikalischen Meßgröße.
- Rasterelektronenmikroskop (SEM):
Im Rasterelektronenmikroskop tastet ein feiner Elektronenstrahl das zu untersuchende Objekt Zeile für Zeile ab, synchron dazu läuft der Schreibstrahl einer Bildröhre.
Die Primärelektronen (die einfallenden Elektronen) regen das Objekt zur Abgabe von Sekundärelektronen an, die zusammen mit den zurückgestreuten Elektronen des Primärstrahls in den Detektor gelangen. Der Detektor steuert die Helligkeit der Bildröhre und so entsteht das Abbild. Die Vergrößerung wird durch das Verhältnis von Rastergröße auf dem Objekt zur Bildschirmgröße bestimmt.
Wie beim TEM muß die Probe auch hier vakuumbeständig und die Oberfläche elektrisch leitend sein. Nicht leitende Objekte können nach Aufbrinngen eines elektrisch leitenden Überzugs untersucht werden.
- SNO – Mikroskopie:
Allen SXM – Verfahren gemeinsam ist die Notwendigkeit der päzisen Steuerung des Abstandes zwischen Sonde und Probe und der lateralen Rasterbewegung mit einer Auflösung besser als 10-11 m (Linnemann: Integrierte Sensoren für Rasterkraftmikroskopie, S.11). Diese Bewegungspäzision läßt sich nur durch Piezoelemente realisieren. Diese bestehen aus Piezokeramik, die die Eigenschaft hat, dass sie sich bei angelegter Spannung kontrahiert oder elongiert. Diese Ausdehnung bzw. Zusammenstauchung erfolgt in Pikometerschritten.
Normale Mikroskope, wie Licht- oder Elektronenmikroskope zählen zu den Fernfeldmikroskopen, d.h., der geometrische Abstand zwischen Probe und dem Punkt, an dem das Bild beobachtet wird, ist im Vergleich zu der charakteristischen Dimension oder Wellenlänge der beteiligten Photonen oder Elektronen groß.
Da die Auflösung solcher Fernfeldmikroskope sich ungefähr in der selben Größenordnung wie die Wellenlänge bewegt, wird sie im Falle eines optischen Mikroskopes auf ca. 500 nm, bei Elektronenmikroskopen auf ca. 1 nm begrenzt (Heckl: The Human Genom, S. 101).
Beim SNOM wird ausgenutzt, dass bei sehr kleinen Wechselwirkungsabständen im sog. Nahfeld, das Auflösungsvermögen nicht mehr durch die Wellenlänge des Lichts vorgegeben ist. Man kann z.B. die Bündelung von koaxialer Führung in Glas/Metall – Anordnung ausnutzen, bei denen Licht aus einem Lichtleiter auf die Oberfläche trifft und prinzipiell auf Bereiche fokusiert sein kann, deren Ausdehnung nur Bruchteile der Lichtwellenlänge beträgt. Gemessen wird beim Abrastern der Oberfläche durch den koaxialen Lichtleiter das reflektierte oder transmittierte Licht.
- Rastertunnelmikroskopie (STM):
Die Rastertunnelmikroskopie liefert dreidimensionale Bilder von Oberflächen und kann dabei einzelne Atome abbilden.
Eine feine Metallspitze wird mit einem Piezoelement durch Spannungsvariation so weit an die zu untersuchende Oberfläche herangefahren, bis ein Tunnelstrom - quantenmechanischer Tunneleffekt durch die Energiebarriere zwischen Leiterspitze und Probe – einsetzt. Dann wird die Spitze rasterförmig über die Oberfläche bewegt, wobei der Tunnelstrom und damit der Abstand zwischen Spitze und Objekt über einen elekronischen Regelkreis konstant gehalten wird. Durch das Registrieren des Regelsignals erhält man ein direktes Abbild der Oberfläche.
Prinzipieller Aufbau und Wirkungsweise eines STMs (aus VIII., 1.)
Dabei müssen keine Vakuumbedingungen eingehalten werden und so kann sogar in flüssigem Medium gemessen werden, wobei der Abstand zwischen Tunnelspitze und Oberfläche kleiner als die Durchmesser von Flüssigkeitsmolekülen gewählt werden kann.
Neuerdings werden mit dem STM nicht nur einzelne Moleküle abgebildet, sondern auch transferiert und adressiert.
- Rasterkraftmikroskop (AFM):
Das AFM gehört zu der Familie der SFM - Rasterkraftmikroskope und ist eine der neueren Entwicklungen in diesem Sektor und die wohl meist verbreiteste SFM – Technik.
Beim AFM tastet eine Sonde die atomare Hügellandschaft des zu untersuchenden Probeobjektes ab. Die Sonde besteht aus einer Spitze, die aus wenigen Atomen gebildet wird (Im Idealfall sitzt an der Spitze der Spitze ein einziges Atom), die an einem beweglichen dünnen "Balken" montiert ist.
Fährt man mit dieser feinen Spitze an die Oberfläche heran, so wirkt in erster Näherung ein Lenward - Jones - Potential zwischen dem vordersten Atom der Spitze und dem Oberflächenatom, d.h., abstandsabhängig wirkt auf die Spitze in einem größeren Abstand zuerst eine anziehende und dann eine abstoßende Kraft. Beim Abtasten der Oberfläche wird die Kraft der Spitze konstant gehalten. Die dadurch veränderte Biegung des "Balkens" wird mit einem Sensor registriert. Als Sensor kann ein Tunnelmikroskop, üblicherweise jedoch ein abgelenkter Laserstrahl verwendet werden.
Das AFM ist wohl eines der wichtigsten Instrumente, die der Nanotechnologie zur Verfügung stehen.
IV. Nanotechnologie in der Gentechnik
- Rasterkraftmikroskopie in der Chromosomenanalyse
Einer der entscheidenden Fortschritte der Molekularbiologie war die Entwicklung von Methoden zur Analyse der Basensequenzen von DNA – Stücken .
Um Erbkrankheiten zu diagnostizieren nutzt man neuerdings DNA – Sequenzdaten auf molekularer Ebene, in dem man die Gene eines gesunden mit denen eines kranken Individuums vergleicht.
Bei dem Standardverfahren, für z.B. pränatale Diagnosen, werden optische Mikroskope eingesetzt, um die Lage und den Zustand des menschlichen Chromosomensatzes, den man zuvor durch Spreitverfahren auf einem Objektträger erhalten hat, zu untersuchen. Durch die Überprüfung der eingefärbten Metaphasechromosomen auf Anzahl, Gestalt und Anordnung der Banden, kann man nur zu sehr generellen Aussagen kommen.
Optische Mikroskope können eine Probe maximal tausendfach vergrößern; eine Vergrößerung, die natürlich zu gering ist, um ein detailiertes Bild von der DNA - Struktur in aufspiralisierten Zustand zu erhalten.
Eine Lösung wäre es, ein SEM statt einem herkömmlichen optischen Mikroskop für die Chromosomenanalyse zu verwenden. Ein SEM verbindet zwar eine sehr hohe Vergrößerungsrate mit einer guten Auflösung, bringt aber einige technische Nachteile in Bezug auf das Abtasten von biologischem Material mit sich (vgl. III. 2. a)).
Mit dem AFM sind diese Schwierigkeiten nicht verbunden, denn die Objekte brauchen keine Spezialbehandlung. Die Präparationsmethoden für die untersuchenden Proben sind hier identisch mit denen für die Lichtmikroskopie, die Auflösung und die Vergrößerung ist aber deutlich höher und Details innerhalb der Chromosomen werden mit noch nie dagewesener Pärzision sichtbar.
Mit dem AFM können zuverlässige Diagnosen hinsichtlich genetisch bedingter Defekte gemacht werden, denn es ist nun sehr einfach, Chromosomen zu klassifizieren und einzuordnen.
Das AFM wird generell von allen Forschungsgruppen benützt, die sich auf das Aussehen der DNA – Strukturen konzertriert haben, denn jede Krümmung und Kerbe im DNA – Faden und die Andockstellen für Proteine und Enzyme können auf einer Größenskala von ungefähr 10 nm betrachtet und untersucht werden.
- Rasterkraftmikroskopie in Verbindung mit Gensonden
In diesem Zusammenhang wurden auch Experimente mit Gensonden durchgeführt.
In der Biochemie bezeichnet man organische Moleküle, die kovalent an Makromoleküle gebunden werden können oder auch an Makromoleküle assozieren oder interkalieren, als Sonden (Galla: Spektroskopische Methoden in der Biochemie, S. 61).
Diese Sonden docken an einer ganz bestimmten Stelle innerhalb des Chromosomensatzes von 23 oder 46 Chromosomen auf einem ganz bestimmten Chromosom an. Um sie wiederzufinden, bedarf es eines Mikroskops mit sehr hoher Auflösung. Das AFM ist für diese Aufgabe prädestiniert.
3. Kraftspektoskopie bei der DNA
Mit dem AFM kann man nicht nur die Topographie eines Chromosoms betrachten, sondern auch physikalische Parameter, wie Viskosität und Elastizität bzw. allgemein das Verhalten unter Druck prüfen.
Diese Technik nennt am Kraftspektroskopie (AFS).
Mit diesem Verfahren ist es Forschern gelungen, die winzigen Kräfte zwischen Molekülen direkt zu messen.
Amerikanische Forschergruppen haben es sogar geschafft, die Kräfte zu bestimmen, die notwendig sind, um einzelne komplementäre Basenpaare auseinanderzureißen. Ein DNA – Fadenende wurde an der Spitze eines AFM`s, das andere Ende an der Objekträgeroberfläche befestigt und die Spitze wurde langsam von der Oberfläche entfernt, während man die zum Zerreissen notwendige Kraft, die an der Spitze ansetzte, gemessen hat.
Die Werte bewegten sich in einem Bereich von ca. 1 nN, was noch im Meßbereich des AFM´s liegt.
Vielleicht wird es eines Tages möglich sein, Chromosomen zu sequenzieren, indem man die DNA - a - Helix wie einen Reißverschluß öffnet und die Kraft, die für das Zerreissen jedes Basenpaares benötigt wird, registriert und wiedererkennt.
- Rasterkraftmikroskopie als Nanomanipulator
- Funktionsweise
Eine destruktive Wechselwirkung zwischen Sondenspitze und dem Probenobjekt während des Abtastvorgangs – ein Unfall, der sich leicht ereignen kann – wurde bisher als ein sehr großer Nachteil dieser Technik angesehen, der manchesmal die Vorbereitungsarbeit von mehrern Tagen zerstört hat, stellt aber zugleich eine neue Anwendungsmöglichkeit der SXM – Technik dar.
Jede SXM – Spitze kann als ein winziges und sehr präzise arbeitendes Werkzeug für Arbeiten im Nanobereich verwendet werden.
Biologische oder auch andere Materialien können so in ihrer Molekularstruktur manipuliert werden.
So kann die Spitze des AFMs nicht nur zum Abtasten dienen, sondern auch als ein "Nanoskalpell" (Heckl: Bioforum 1999, S. 2) fungieren.
Mit diesem Nanoskalpell hat man die Möglichkeit, menschliche Chromosomen an einer gewünschten Stelle zu zerschneiden bzw. zu teilen.
Wegen der extremen Genauigkeit, mit der dieses Werkzeug arbeitet, im Prinzip bis zur Atomschärfe, kann das Verfahren der Mikrozerteilung auch bei Objekten, deren Größe sich auf der Submikron – Skala befindet, angewendet werden.
Würde die Sondenspitze, wegen des hydrophilen Naturells des Materials (meist Silizium oder Siliziumnitrid), aus dem sie gefertigt ist, nicht auch noch wie eine "Nanopipette" bzw. "Nanopinzette" wirken und die Biomoleküle anziehen und festhalten, würde die Nanozerteilung nicht von großem Nutzen sein. Molekülgroße Stücke auszuschneiden ist eine Sache, diese aber, um sie weiterzuverarbeiten, aufzunehmen und umzutransferieren, ist eine andere.
AFM-Spitze mit einem extrahierten DNA-Fragment (aus VIII.,10.)
Winzige Stücke, mit einem Gewicht kleiner als ein Femtogramm, können so aus Chromosomen extrahiert, angesammelt und für nachfolgende Verfahren, wie Massenspektroskopie oder biochemische Prozesse, weiterverwendet werden.
Mit dem AFM hat man eine Vielzahl von Nanowerkzeugen, denn durch Ätzverfahren können die unterschiedlichsten Spitzen hergestellt werden:
Nanomesser, Nanozangen, Nanoschäufelchen, Nanoskalpelle usw..
Das AFM kann in zwei verschiednen Modi arbeiten, wenn es Material zerschneidet. Entweder im "Kratzmodus", bei dem die Sonde mit einer gleichbleibenden Kraft von ca. 30 µm (Heckl: Bioforum 1999, S. 3) mit der Probe im Kontakt ist oder im "Stanzmodus", bei dem die Spitze mit einer Frequenz von 10 Hz und einer Geschwindigkeit von 1 µm /sek. (Heckl: Bioforum 1999 S. 4) in der Vertikalen vibriert. Der letztere Modus gewährt einen feineren Schnitt.
- Anwendungsmöglichkeiten
Die Mikrozerteilung von Chromosomen stellt ein Verfahren dar, die DNA von jeder zytogenetisch erkennbaren Region zu isolieren.
Dieses isolierte Material kann für zahlreiche Anwendungen genutzt werden:
- regionsspezifische Sonden für FISH
- erstellen von chromosomenbandspezifischen Bibliotheken
- physikalische Genkartierung
- zytogenetische Analyse (z.B. pränatale Diagnosen)
- Evolutionsforschung
- Klonierung von Genen
- Die Kombination von Nanozerteilung und PCR – Vervielfältigung
Die Arbeitsgruppe "Rastersondenmikroskopie" unter der Leitung von Prof. Dr. Heckl hat ein neues Verfahren entwickelt, bei dem AFM – Nanozerteilung mit Hochempfindlichkeits – PCR kombiniert wird.
Die Polymerase Chain Reaction (PCR) ist eine chemische Methode, um einzelne DNA – Segmente eines genetischen Materials mehrere Millionen mal zu replizieren. Zwei kurze Oligonukleotide (chemisch sythetisierte DNA – Fragmente) werden so synthetisiert, dass sie sich korrekt an die gegenüberliegenden Stränge der DNA, die man replizieren möchte, binden.
An den Verbindungspunkten kann nun das hinzugefügrte Enzym DNA – Polymerase beginnen, den genetischen Code abzulesen und neue Nukleotide komplmentär zur Basensequenz anknüpfen. Durch diesen Vorgang werden zwei DNA – Doppelstränge erzeugt. Die so gewonnene Probe wird dann erhitzt, damit sich die Stränge wieder trennen und wieder abgelesen werden können.
Durch solche sich wiederholenden Zyklen ist es möglich, Millionen von Kopien eines DNA – Segments innerhalb von wenigen Stunden zu erhalten.
V. Anwendungsmöglichkeiten der Nanotechnologie in der Medizin
Gegenwärtig können die Auswirkungen der Nanotechnologie auf die Medizin noch nicht umfassend abgeschätzt werden, da auf diesem Fachgebiet die Entwicklung "noch in den Kinderschuhen steckt".
Natürlich sind die Ziele von medizinischer Nanotechnik generell identisch mit denen der konventionellen Medizin: Das physische und psychische Wohl des Menschen zu erhalten bzw. zu steigern.
Die Nanotechnologie, die derzeit in der Medizin eingesetzt wird, begrenzt sich auf genetische Untersuchungen (vgl. IV.), um z.B. Erbkrankheiten zu diagnostizieren.
Der folgende Bericht soll anhand von drei Beispielen über den aktuellen Forschungsstand der medizinischen Nanotechnik außerhalb der Anwendungen in der Genetik informieren.
Alle drei Anwendungsmöglichkeiten werden noch nicht rutinell eingesetzt oder sind noch in einem frühen Stadium der Erprobung.
1. Nanotechnik in der Krebsbekämpfung
Ärzte an der Virchow – Klinik in Berlin sind einen ganz neuen Weg gegangen, um Krebs – Tumorzellen zu zerstören. Sie versuchen diese Krankheit nicht durch zytostatische Chemotherapien oder durch Bestrahlung zu heilen, sondern haben einen neuen Ansatz gefunden:
Nanoteilchen aus Eisenoxid, die mit Proteinen umhüllt sind, werden in den Körper des kranken Individuums geschleußt. Diese umhüllten Eisenoxidteilchen wirken wie ein "Troianisches Pferd" (SZ vom 27.4.99: Th. Bührke: Kein Spaß für Graffiti-Sprayer), das das menschliche Immunsystem überlistet und in die Krebszellen eindringt. Letztere geben diese Teilchen sogar an Tochterzellen weiter. Wird der Patient nun in ein magnetisches Wechselfeld gebracht, so erwärmen sich die Eisenoxidteilchen auf ca. 45° Celsius und zerstören das umgebende Tumorgewebe. Der Körper scheidet dann die toten Zellen inklusive der Nanoteilchen aus.
Die Wirkung dieser Methode wird derzeit in Tierversuchen erprobt.
2. Nanopartikel als Vehikel für Medikamente
Die Natur kann aus Molekülen alle möglichen Teile produzieren.
Diese Teile kann man teilweise auch künstlich synthetisieren. Neben submikrofeinen Tubuli, Schichten, Doppel- und Dreifachwendeln gelingt es mittlerweile auch, Nanokugeln im Reagenzglas herzustellen. Diese Kügelchen bestehen aus Phospholipiden, Moleküle mit einem Kopf, der sich zum Wasser hingezogen fühlt und einer Kohlenwasserstoffkette als Schwanz, der das Wasser flieht. Gibt man diese Phospholipide in Wasser, so bilden sie spontan eine Doppelmembran mit dem hydrophilen Köpfchen dem Wasser zugewendet.
Unter Umständen gruppieren sich diese Molekülschichten zu einer Kugel, einem Liposom. Sowohl die Innen- als auch die Außenseite ist mit Wasser benetzt, die hydrophoben Enden befinden sich aber im Trockenen.
Die Kugeln, mit einem Durchmesser von 25 – 1000 nm, können als Vehikel von Medikamenten eingesetzt werden. Man muß das Wasser, in das man sie anfangs schüttet, mit einer Wirksubstanz versetzen. Die Kugeln hüllen diese ein und schützen sie so vor vorzeitiger Zerstörung durch körpereigene Enzyme. Das hätte den Vorteil, dass Patienten Medikamente schlucken könnten und sich keine Spritzen mehr verabreichen lassen müßten, weil diese Nanoteilchen die Darmwand durchdringen können und direkt in die Blutbahn gelangen.
Leider ist die chemische Stabilität dieser Kugeln noch nicht zuverlässig genug, um sie pharmazeutisch einsetzen zu können.
3. Das Retina – Implantat
Schon in den Siebenziger Jahren wurde die Idee, Blinden einen Teil ihres Augenlichtes wiederzugeben, indem man die Signale einer Fernsehkamera mit einem Rechner modifiziert und dann über eine Schnittstelle in die Sehrinde des Menschen leitet, in den Köpfen einiger Wissenschaftler und Ingenieure geboren.
Die leistungsschwachen und langsamen Computer und das noch mangelnde Wissen in der Neurotechnologie sind nur zwei von vielen Gründen, warum die Forschung seinerzeit wieder eingestellt wurde.
Die Idee war mit den damaligen Mitteln einfach noch nicht realisierbar.
Nanoimplantat: sehende Solarzelle (aus VIII., 14.)
Der Ansatz wurde aber im Zeitalter der Nanotechnologie wieder aufgenommen und weiterentwickelt. Man benützt keine Fernsehkamera, sondern eine Art Minikamera, die am Augenhindergrund auf der Retina befestigt wird; so ist das Auge selbst noch Kamera.
Von der Idee, den Sehnerv zu zerschneiden, um direkte Impulse einzuspeisen, ist man abgekommen, weil der Nerv nach so einer Verletzung sofort degeneriert.
Das Retinaimplantat, eine analoge Netzhaut, besteht aus einer Anordnung von Phototransistoren. Die Spannungsdifferenz zwischen zwei Photorezeptoren ist dann proportional zum Lichtkontrast. Die Reaktion des gesamten Retina – Chips kommt dem Verhalten der menschlichen Netzhaut sehr nahe. Kontraste werden hervorgehoben, ebenso schnelle Bewegungen; Flächen, in denen sich nichts tut, unterdrückt. Zu allem Überfluß erliegt die Siliziumhaut auch noch den klassischen optischen Täuschungen.
Eine 1,5 µm dünne und 3 mm große Solarzelle ist das jüngste medizinische Nanonetzhautimplantat.
VI. Wechselwirkungen zwischen Biologie und Nanotechnologie
Die Zahl der Anwendungsmöglichkeiten der Nanotechnologie in der Biologie vergrößert sich kontinuierlich und Nanotechnik wird in vielen biologischen Bereichen bald nicht mehr wegzudenken sein.
Die Biologie leistet der Nanotechnologie ebenfalls Dienste.
Die Natur, die sich über Jahrmillionen entwickeln und jede Möglichkeit in evolutionärer Kleinstarbeit durch Mutation und Selektion "ausprobieren" konnte, hat extrem komplexe Organismen, die perfekt an ihren Lebensraum angepaßt sind, hervorgebracht.
Im Laufe der Zeit hat der Mensch gelernt, Erfinderintelligenz von der Natur abzuschauen. Auch in der Nanotechnologie kann man Patente von der Natur nachahmen.
Das wohl bekannteste Beispiel für die Imitation der Natur in der Nanotechnologie ist die Nachbildung der Blattoberfläche des Nelumbo nucifera (Lotosblume). Die Blattoberfläche des Lotos ist schwer benetzbar und gegen Verunreinigungen immun. An seiner Oberfläche perlt das Wasser ab und die Tropfen nehmen dabei jeden Schmutz mit – ob Ruß oder Pilzsporen, Bakterien oder Algen. Selbst Farben und Kleber wie Uhu oder Pattex gleiten ab.
Durch die Untersuchung unter einem Rasterelektronenmikroskop konnte der Grund für dieses Phänomen ermittelt werden. Die Pflanzen haben auf ihrer Oberfläche 20 µm kleine Wachskristalloide. Die genoppte Oberfläche mit tausenden von Zwischenräumen bietet wenig Haftung.
Diese Erkenntnis wurde bei der Entwicklung neuer Werkstoffe genutzt.
Bis zu dieser Entdeckung hat man an immer glatteren Oberflächen gearbeitet, um maximale Schmutzresistenz zu erhalten. Forscher am Institut für neue Materialien haben z.B. ein Kunststoffgel entwickelt, das keramische Nanopartikel enthält und als effektiver schmutzabweisender Überzug einsetzbar ist. Solche Nanoschichten können etwa Badekeramiken, Hauswände oder die "Haut" von Eisenbahnzügen schützen.
Beobachtung à Untersuchung à Nachahmung à Anwendung
VII. Ausblick in die Zukunft
Wenn sich die Nanotechnologie so rasant weiter entwickelt wie bisher, ist die Vorstellung, dass bald tausende von Nanorobotern in unserem Körper das Immunsystem unterstützen und Reparaturarbeiten an den Zellen durchführen, nicht einmal mehr so unrealistisch. Eine ganze Armee von Nanoinstrumenten könnte in unseren Körper geschickt werden. Sie machen unerwünschte Bakterien und Viren unschädlich, fräsen den Plaque und andere Ablagerungen aus unseren Blutgefäßen (eine Plaquefräse, die ca. 1,9 mm groß ist und hunderttausend Umdrehungen pro Minute macht, wurde kürzlich von einem Mikrotechniker hergestellt), registrieren Schäden an Zellen und reparieren diese sofort.
Das würde die Unverwundbarkeit, wenn nicht sogar Unsterblichkeit des Menschen bedeuten.
Das höchste Ziel der Nanotechnologie ist aber die Herstellung eines Assemblers. Erik Drexler, der Visionär der Nanotechnik, schreibt in seinem Buch "Die Schöpfungsmaschine", dass man zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine Art von molekularer Produktion haben werde (PM 20.6.97 J. Scheppach: Ein Blick in die Zukunft des Allerkleinsten).
Plaquesauger in der Blutbahn des Menschens – Utopie oder reale Zukunft? (aus VIII., 14.)
Assembler sind Miniroboterarme, die einzelne Atome greifen und an einen anderen Ort absetzen können. Ihre Bestandteile sind nur wenige Atomschichten dick. Trotz ihrer mikroskopisch kleinen Größe können sie makroskopisch große Objekte herstellen, indem sie einzelne Atome zu Molekülen zusammenfügen, die dann das gewünschte Objekt ergeben. Um die Arbeitsgeschwindigkeit zu beschleunigen, müßte man dem Assembler beibringen, sich wie ein Bakterium selbst zu kopieren. Diese Kopien müßten dann wieder Kopien herstellen usw...Bald stünde eine riesige Anzahl dieser Atomgreifer zur Verfügung, die aus Atomen jeden X–beliebigen Gegenstand herstellen könnten: Vom Diamanten bis zur Sahnetorte.
Welche Auswirkungen diese Minifabriken, die ihr Vorbild in der organischen Zelle haben, auf das menschliche Leben haben werden, kann jetzt noch nicht genau beurteilt werden. Ob sie eine Katastrophe verursachen – die Weltwirtschaft könnte zusammenbrechen, weil jeder, der einen Assembler besitzt, könnte alles in Eigenproduktion herstellen – oder das Paradies auf Erden schaffen – Hunger und Armut würden der Vergangenheit angehören – kann erst festgestellt werden, wenn es so weit ist.
Bis zu diesem Zeitpunkt ist es noch ein sehr langer Weg, denn viele Fragen sind noch ungeklärt, z.B. wie diese Maschinen zu steuern sind oder woher sie ihre Energie beziehen.
VIII. Literaturverzeichnis
- Crandall, B. und Lewis, J., Nanotechnologie, London, The Press, o.J..
- Dullbecco, R., zur Hausen, H., Heckl, W., Strohmann, R., Juengst, E.und Fischer, E., The Diagnostic Challenge – The Human Genom, München und Zürich, Piper – Verlag, 1996
- Galla, H., Spektroskopische Methoden in der Biochemie, Stuttgart und New York, Georg Thieme – Verlag, 1988
- Linnemann, R., Integrierte Sensoren für die Rasterkraftmikroskopie, Kassel, Universität – Gesamthochschule Kassel 1995
- Reimer, L. und Pfefferkorn, G., Rasterelektronenmikrosopie, Berlin, Heidelberg und New York, Springer – Verlag, 1977²
- Schulenburg, M., Nanotechnologie, Frankfurt/M. und Leipzig, Inselverlag, 1995
- Bührke, T., Kein Spaß für Graffiti – Sprayer, in: Süddeutsche Zeitung vom 27.4.99
- Fries, H., Die Erbsubstanz als Vorbild, in: Süddeutsche Zeitung vom 23.6.99
- Gorman, C., Will Robots Make Haus Calls?, in: Time Nr. 8, 1999
- Heckl, W., The Combination of AFM Nanodissection with PCR, in: Bioforum International, Nr. 2, 1999
- Heinrich, H., Die Blume, die sich nicht schmutzig macht, in: PM Nr. 6, 1999
- Miles, M., Probing the Future, in: Science, Nr. 277, 1997
- Röper, B., Erbgut unter Strom, in: Focus, Nr. 50, 1999
- Scheppach, J., Ein Blick in die Zukunft des Allerkleinsten, in: PM Nr. 7, 1997
- Seeman, N., DNA Nanotechnologie, in: Biophys. Biomol. Struct., Nr. 27, 1998
- Tolles, W., Nanoscience and nanotechnologie in Europe, in: Nanotechnology, Nr. 7, 1996